Granatapfel bei Entzündungen und Arthritis

„Die Entzündung“, erklärt Bernhard Böhm, Diabetesforscher aus Ulm, „spielt eine so entscheidende Rolle in unserem Körper, dass man sie als eine Art metabolische Weltformel bezeichnen könnte.“ Die akute Entzündung ist eine lebenswichtige Immunantwort. Sie dient dazu, Krankheitserreger zu zerstören und Wunden zu heilen. Wenn der komplexe entzündliche Prozess jedoch chronifiziert und entgleist, kann dies auch zum Herzinfarkt, zu Krebs, Diabetes, M. Alzheimer und zahlreichen Autoimmunerkrankungen führen.

Oxidativer Stress und Entzündungsprozesse hängen eng miteinander zusammen: Jede Entzündung verursacht oxidativen Stress, denn die Immunabwehr bedient sich zellschädigender freier Sauerstoff- und Stickstoff-Radikale. Auf Dauer führt das zu einer Erschöpfung der körpereigenen Antioxidanzien. Diese für uns wichtigen natürlichen Reserven werden verbraucht. Sie sind aber insbesondere für den Zellschutz und die Energiegewinnung innerhalb unserer Mitochondrien (Zellkraftwerke) notwendig.

Schon im Ayurveda, der altindischen Naturheilkunde, wurde der Granatapfel wegen seiner kühlenden, antientzündlichen Eigenschaften gerühmt. Die Granatapfelsaft-Polyphenole wirken dem oxidativen Stress durch die Stärkung körpereigener Schutzsysteme entgegen. Darüber hinaus beeinflussen sie direkt das Entzündungsgeschehen durch Modulation der Entzündungsmediatoren. Dies geschieht über die Hemmung von entzündungsfördernden Enzymen (COX-2) und Proteinen (z. B. NF-kappaB, TNF-alpha).

NF-kappaB (nuclear factor kappa-B) ist ein Entzündungsprotein, das initial an Entzündungsprozessen, Autoimmunerkrankungen, der Krebsentstehung und dem Fortschreiten der Krebserkrankung beteiligt ist. Es wird z. B. durch Stress, Zigarettenrauch und freie Radikale aktiviert. Es reguliert die Ausbildung von fast 400 verschiedenen Genen, wie pro-entzündliche Enzyme (z. B. COX-2, 5-LOX, and iNOS), Zytokine (TNF-alpha, IL-1, IL-6, IL-8) und viele andere proentzündliche und prokanzerogene Substanzen.

Die antientzündliche Wirkung von Granatapfelsaft und lebendfermentierten Granatapfel-Polyphenolen erklärt sich zum einem aus der Aktivierungshemmung von NF-kappa-B, die in 9 Studien nachgewiesen wurde (Khan et al., 2007-a und b, Syed et al., 2006; Huang et al., 2005; Ahmed et al., 2005; Afaq et al., 2005a und b; Schubert et al., 1999 und 2002).

Zum anderen wirken Granatapfel-Polyphenolen durch verschiedene Mechanismen entzündungshemmend auf den Eicosanoidstoffwechsel ein.

Eicosanoide werden aus Fettsäuren durch Einwirkung verschiedener Enzyme gebildet und spielen eine entscheidende Rolle im Entzündungsgeschehen und bei der Krebsentstehung. Schlüsselenzyme sind dabei die Cyclooxygenase (COX) und die Lipoxygenase(LOX). Die Aufnahme von Fettsäuren mit der Nahrung beeinflusst den Eicosanoidstoffwechsel ebenfalls, so entstehen im Körper aus omega-6 Fettsäuren (z. B. Distelöl, Sonnenblumenöl) und vor allem Arachidonsäure (Fleisch, tierisches Fett außer Fisch) Eicosanoide, welche entzündliche Prozesse fördern, während Omega-3-Fettsäuren (Leinöl, Rapsöl und Kaltwasserfisch) für eine antientzündliche Reaktionslage sorgen.

So wurde eine Hemmung der COX-2-Expression z. B. bei Dickdarmkrebs (Adams et al., 2006) und in hormonrefraktären Prostatakrebszellen durch fermentierte Granatapfel-Polyphenole (Schubert et al., 1999) festgestellt.

Herkömmliche COX-Hemmer wie nichtsteroidale Antiphlogistika (z.B. ASS, Diclofenac, Ibuprofen) verringern die Bildung des gefäßerweiternden Hormons Prostazyklin. Daher haben sie unerwünschte Nebenwirkungen auf Herz und Blutgefäße. Granatapfelsaft dagegen fördert in den Blutgefäßen der Hauptschlagader den Aufbau des schützenden Prostazyklins (PGI2), das u.a. daran beteiligt ist, die Durchblutung zu verbessern. (Polagruto et al., 2003).

Die besonderen immunmodulierenden Eigenschaften der Granatapfel-Polyphenole beeinflussen das Geschehen bei entzündlichen Prozessen sehr positiv.

Wirksam bei Arthritis

Aktuelle präklinische Untersuchungen zeigen, dass Granatapfel-Polyphenole der entzündlichen Degeneration des Knorpels, insbesondere bei rheumatoider Arthritis, entgegen wirken können (Ahmed et al., 2005, Shukla et al., 2008 a und b).

Bei der rheumatoiden Arthritis wird u. a. der Gelenkknorpel durch entzündliche Prozesse geschädigt und zerstört. Hier wurde nachgewiesen, dass gefriertgetrocknete Granatapfelsaft-Polyphenole die Bildung von Entzündungsproteinen (z. B. COX2, MAP-Kinasen, TNF-alpha) und die Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen (Interleukin-6, Prostaglandin E2) hemmen und dadurch den Knorpel schützen. Granatapfel-Polyphenole konnten deutlich den Ausbruch und Schweregrad der Arthritis lindern. Das Ausmaß der Knochen- und Knorpeldegeneration war geringer als in der Kontrollgruppe. Darüber hinaus beeinflussten gefriergetrocknete Granatapfelsaft-Polyphenole das Entzündungsgeschehen am Knorpel, dem Brennpunkt der Arthritis, noch über weitere Mechanismen (Ahmed et al., 2005): Die Polyphenole blockieren Metalloproteasen, die für die Knorpelzerstörung maßgeblich mitverantwortlich sind. Diese Ergebnisse könnten für Arthritis-Patienten einen Gewinn an Mobilität und Lebensqualität bedeuten.

Die antioxidativen Eigenschaften der Granatapfelpolyphenole mildern nachweislich die Symptome rheumatoider Arthritis, indem sie antientzündlich wirken und den oxidativen Stress senken. So untersuchten Ghavipour et al. (2017) in einer randomisierten, placebokontrollierten Studie den Einfluss von Granatapfelextrakt bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und beobachteten eine signifikante Verbesserung der Symptome (Abnahme der Schwellung in Gelenken, geringerer Schmerz und geringere morgendliche Steifheit) sowie die Verbesserung einiger Entzündungsmarker im Blut (u.a. Glutathionperoxidase).

In einer randomisierten Studie wiesen Ghoochani et al. (2016) außerdem nach, dass die tägliche Einnahme von Granatapfelsaft nicht nur die Symptome von Kniegelenksarthrose (Gelenksfunktion, Steifheit, knorpelabbauende Enzyme (MMP-13)) signifikant mildert, sondern auch den antioxidativen Status (Glutathionperoxidase) der Patienten signifikant verbessert.

Antimikrobielle Effekte

Granatapfelpolpyhenole verfügen über interessante antimikrobielle Wirkungen gegen HIV-1 Viren (Neurath et al., 2004 und 2005), gegen Malaria-Plasmodien, verschiedene Bakterien (Reddy et al., 2007) und Grippe-Influenza-Viren (Vidal et al., 2003) sowie gegen grampositive und gramnegative Bakterien wie Corynebacteria, Staphylokokken, Streptokokken, Bacillus subtilis, Shigellen, Salmonellen, Vibrio cholera und Escherichia coli (Naz et al., 2007). Insbesondere dürfte auch eine Wirkung gegen Helicobacter pylori, den verbreiteten Auslöser von B-Gastritis und Mitverursacher von Magenkarzinomen, zu erwarten zu sein.