Granatapfel, Curcuma und Brokkoli – die hilfreiche „Ampel“ aus der Natur

Bestimmte pflanzliche Inhaltsstoffe können die Gesundheit unterstützen und nachweislich
auch einen Beitrag zur Vorbeugung oder unterstützenden Behandlung von schweren
Erkrankungen liefern. Besonders geeignet dafür ist ein pflanzliches Dreiergespann – ein
Obst, ein Gewürz, ein Gemüse – das vor allem durch seine Farbigkeit imponiert: der tiefrote
Granatapfel, die intensiv orangegelbe Gelbwurz oder Curcuma genannt, schließlich
der grüne Brokkoli.

Das Wachstum, der Lebenszyklus und der Stoffwechsel unserer Zellen werden durch die unter-schiedlichsten Mechanismen gesteuert, darunter auch die Weiterleitung der Signale von Zelle zu Zelle. Man kann sich diese Zellsignalwege wie ein riesiges Straßennetz vorstellen, das durch viele Ampeln reguliert wird:

Bestimmte Substanzen – man kann von „Zellregulatoren“ sprechen – wirken hemmend (rot), andere aktivierend (grün), und wieder andere sind für die Feinjustierung zuständig (gelb).

Nicht nur körpereigene Substanzen, auch die in unseren Lebensmitteln enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe üben auf diese Weise regulierende Funktionen auf unsere Zellen und deren Stoffwechsel aus. Unsere Gesundheit kann von den Pflanzenstoffen profitieren, die die Pflanzen selbst zum Zellschutz und zur Abwehr von Fressfeinden und Krankheitserregern produzieren. Zu den am besten untersuchten pflanzlichen Lebensmitteln mit solchen Zellregulatoren zählen Granatapfel, Curcuma und Brokkoli – ob die Farben nur zufällig denen einer Ampel gleichen, kann Ihnen nur die Natur beantworten. Um diese drei Lebensmittel soll es hier gehen, wobei für alle drei „grünes Licht“ gilt und die Empfehlung, sie in die Ernährung einzubauen.

POLYPHENOLE ALS WIRKSAME INHALTSSTOFFE

Die bedeutsamsten Inhaltsstoffe dieser drei Lebensmittel sind die besonderen Polyphenole im Granatapfel (Ellagitannine, Flavonoide) und in der Curcumawurzel (Curcuminoide), außer-dem Sulforaphan und andere Senfölglycoside in Brokkoli und – hochkonzentriert – in Brokkoli-Samen. Zu diesen drei Wirkstoffgruppen hat die Forschung bemerkenswerte Effekte in Bezug auf Entzündungen und oxidativen Stress festgestellt – beides wichtige Drehschrauben bei Krebserkrankungen. Oxidation meint die Schädigung der Zelle durch Sauerstoffradikale, Antioxidantien sind entsprechend Substanzen, die diesen Prozess unterbinden oder bremsen.

Exkurs: Was sind Polyphenole? Die Bezeichnung „Polyphenole“ ist die Beschreibung einer chemischen Struktur. Gemeint sind verschiedenste chemische Verbindungen, die übereinstimmend eine bestimmte Grundstruktur haben. Im Granatapfel sind damit Gerbstoffe, die Ellagitannine, gemeint, in der Gelbwurz der gelbe Farbstoff Curcumin. Diese Grundstruktur ist in der Natur sehr häufig, in der Pflanzenwelt gibt es mehrere tausend unterschiedliche Polyphenole.

DER GRANATAPFEL – DAS JAHRTAUSENDEALTE MULTITALENT

Der Granatapfel ist eine schon seit Jahrtausenden bekannte und medizinisch angewandte Heilfrucht. Mittlerweile wurde sie in mehr als 1000 präklinischen und klinischen Studien untersucht: Eindrucksvolle Wirkungen gegen oxidativen Stress, Herz-Kreislauferkrankungen, hohen Blutdruck, Demenz, überschießende Entzündungsreaktionen, Prostatakrebs und andere Krebsarten wurden entdeckt. Die besonderen Granatapfel-Wirkstoffe fungieren als echte Zellregulatoren, da sie ihre antioxidative, d.h. zellschützende Wirkung, vorwiegend indirekt entfalten, nämlich durch die Stärkung der körpereigenen antioxidativen Schutzmechanismen. Salopp formuliert: Durch die Stärkung der körpereigenen Abwehr zeigen die Polyphenole des Granatapfels den freien Radikalen die „rote Karte“.

Granatapfel-Polyphenole und Prostatakrebs

Vor allem in Bezug auf Prostatakrebs sind die Effekte des Granatapfels gut im Labor und am Menschen in klinischen Studien untersucht. Dabei zeigten Granatapfel-Polyphenole eine überzeugende Hemmung der Krebsentstehung und des Krebswachstums. Sie haben heilsame Eigenschaften, die – auf genetischer Ebene, im Zellstoffwechsel und im Gesamtorganismus – an verschiedenen Stellen ansetzen: Sie wirken sowohl der Oxidation (und damit der Zellalterung) entgegen, als auch antientzündlich (ein wichtiger Punkt in der Krebsentstehung) und auch antiöstrogen, d.h. sie können das Wachstum von hormonabhängigen Tumoren hemmen.

Bioverfügbarkeit von Granatapfel-Polyphenolen

Ein Problem bei allen durch die Nahrung aufgenommenen Substanzen ist die so genannte Bioverfügbarkeit. Gemeint damit ist: Welche Mengen werden tatsächlich aus dem Darm auch aufgenommen und gelangen ins Blut? Gerade bei den Granatapfel-Polyphenolen ist das nicht ganz einfach zu beantworten, da sie im Darm abgebaut werden. Hinzu kommt: Die Menschen scheinen hier unterschiedlich zu verstoffwechseln. Durch eine Steigerung der Bioverfügbarkeit, z.B. durch eine Vorfermentation von Granatapfel-Produkten, könnten sich vermutlich bessere Resultate bei Menschen erreichen lassen, die Granatapfel-Polyphenole sonst nur mäßig oder gar nicht ins Blut aufnehmen können. So scheinen fermentierte (d.h. vergorene) Granatapfel-Polyphenole im Kampf gegen Krebs wirkungsvoller zu sein. Für verschiedene Krebsarten liegen Studienergebnisse vor, die zeigen, dass die Fermentation und die Trocknungsweise des Extraktes (Gefriertrocknung) die Wirkung im Organismus verbessern.

CURCUMIN AUS DER CURCUMAWURZEL

Curcumin, Demethoxycurcumin und Bisdemethoxycurcumin bilden die Gruppe der Curcuminoide und stammen aus der Gelbwurz (Curcuma longa), die traditionell in der indisch-südostasiatischen Küche als Gewürz verwendet wird. Der gelbe Naturfarbstoff gehört ebenfalls chemisch zur großen  Gruppe der Polyphenole. In den asiatischen Ländern wird Curcumin als natürliches Heilmittel bei Entzündungen und bei Leber- sowie Magen-Darmproblemen eingesetzt. Curcumin zählt zu den am besten untersuchten Naturstoffen: Über 9000 Studien widmeten sich bislang der Erforschung dieses natürlichen Heilmittels.

Curcumin gegen Krebs

Aufgrund vielfältiger Mechanismen kann sich Curcumin bei Krebserkrankungen und deren Prävention positiv auswirken. Das gelbe Curcumin wirkt hier, um im Bild der Ampel zu bleiben, wie ein Verkehrslotse im Organismus. Auf der einen Seite verhindert Curcumin das Wachstum verschiedener Krebszellen und hemmt zahlreiche Signalwege, die die Krebsausbreitung begünstigen. Auf der anderen Seite stärkt Curcumin das antioxidative Schutzsystem und wirkt entzündungshemmend. Außerdem wird vermutet, dass es nicht nur die Tumorbildung, sondern auch die Metastasierung von Tumoren verhindern kann.

Bioverfügbarkeit von Curcumin

Trotz guter Ergebnisse aus Laborstudien gewann Curcumin erst in den letzten Jahren auch für die Behandlung von Patienten an Bedeutung. Curcuminoide sind zwar sehr wirkungsvolle Moleküle, aber sie haben eine geringe Bioverfügbarkeit und unterliegen einer schnellen Verstoffwechselung in der Leber. Daher ist es nicht leicht, im menschlichen Organismus einen ausreichenden Wirkspiegel zu erreichen. Curcumin ist ein fettlösliches Molekül, das am besten in Kombination mit einer fetthaltigen Mahlzeit aufgenommen werden sollte, wie es in Indien und im Ayurveda üblich ist. In Fett gelöste Curcumin-Verbindungen werden über die Lymphe resorbiert, gelangen erst über den so genannten großen Milchgang ins Blut und umgehen auf diese Weise die rasche Verstoffwechselung in der Leber. Trinkt man Curcumin dagegen nur mit Wasser, geht die Bioverfügbarkeit gegen null. Gelöst in fetthaltigen Verbindungen gibt es bisher zwei klinisch geprüfte Präparate: Curcumin in einer optimierten, fettlöslichen Matrix, das sogar die Blut-Hirnschranke überwindet, und Curcumin, das mit natürlichen Phospholipiden (Lecithin- und fetthaltige Verbindung) komplexiert (lat. complexum, „umgeben“, „umarmt“, „umklammert“) ist. Beide erreichen eine stark verbesserte Bioverfügbarkeit. Klinisch am besten untersucht (24 positive klinische Studien) ist Curcumin-Phospholipid:

Hier sind antientzündliche, schmerzlindernde und stimmungsaufhellende Wirkungen bei der Einnahme von 1000 mg Curcumin-Phospholipid nachgewiesen. Auch Arthrose-Patienten profitierten stark in mehreren Studien.

Tipp: Nehmen Sie Curcuma nicht nur mit Wasser ein, sondern mit Fett. Eine Möglichkeit ist, Kokosöl oder Ghee in der Pfanne auf max. 100 Grad zu erwärmen, Curcuma hineinzugeben und dann diese Paste einzunehmen oder sie beim Kochen zu verwenden. Curcuma-Pulver enthält ca. 3 Prozent Curcumin, es ist also mit dem Pulver gar nicht so leicht, genug Curcumin aufzunehmen.

BROKKOLI-SULFORAPHAN GEGEN KREBS

Epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass bereits 3–5 normale Essensportionen/Woche von Kreuzblütlern wie Brokkoli und diversen Kohlarten bei bestimmten Personen das Voranschreiten einer Krebserkrankung verlangsamen können. Brokkoli enthält Glukosinolate, insbesondere Glukoraphan, das durch das Enzym Myrosinase in die wirksame Substanz Sulforaphan umgewandelt wird. In zahlreichen Studien konnten durch den Einsatz von Sulforaphan allein oder in Kombination mit anderen Naturstoffen oder Medikamenten bereits viele gesundheitsförderliche Effekte nachgewiesen werden, u.a. eine Antikrebswirkung.

Die Arbeitsgruppe um Ingrid Herr (Universitätsklinikum Heidelberg) untersucht seit 2007, wie Tumorstammzellen in ihrer Ausbreitung gehemmt werden können. Das Team entdeckte, dass durch Sulforaphan derjenige Stoffwechselweg unterbrochen werden kann, der Tumorstammzellen gegen eine Chemotherapie immun macht. Durch den Einsatz von Sulforaphan konnten sowohl das Tumorwachstum als auch die Bildung von Metastasen gehemmt werden. Sulforaphan hat auch in Kombination mit Chemotherapien eine zytotoxische, d.h. eine zelltötende Wirkung gegenüber Tumorstammzellen aus Pankreas und Prostata, wobei Sulforaphan die Wirkung der Zytostatika sogar verstärkt. In einer Studie erhielten 20 Patienten mit wiederkehrendem Prostatakrebs täglich einen Extrakt aus Brokkolisprossen mit ca. 35 mg Sulforaphan über maximal 20 Wochen. Im Schnitt reduzierte sich die PSA-Verdopplungszeit von 6,1 Monaten vor der Behandlung auf 9,6 Monate während der Behandlung.

Aufgrund ihrer Laborversuche empfiehlt Prof. Herr zur Krebsprävention beim Menschen eine Dosis von 0,36 mg Sulforaphan pro kg Körpergewicht. Das sind 25 mg Sulforaphan täglich bei einem 70 kg schweren Menschen. In laufenden Pilotstudien an Krebspatienten werden jedoch deutlich höhere Dosen von 90 mg Sulforaphan eingesetzt.

Bioverfügbarkeit von Sulforaphan

Bei der Zubereitung von Brokkoli wird dieser üblicherweise gekocht, wodurch die Myrosinase, die das enthaltene Glukoraphan in das bioaktive Sulforaphan umwandelt, inaktiviert wird. Auch bei handelsüblichem, tiefgefrorenem Brokkoli, der vor dem Einfrieren blanchiert wird, wurde die Myrosinase bereits inaktiviert. Um die Sulforaphan-Ausbeute zu erhöhen, kann man einen einfachen Trick anwenden: Isst man zu gekochtem Brokkoli ein Gemüse, das ausreichend aktive Myrosinase enthält (z.B. Meerrettich, Wasabi, rohe Brokkolisprossen), kann die Sulforaphan-Aufnahme aus Brokkoli deutlich erhöht werden. Rohe Brokkolisprossen enthalten zudem 10- bis 100-mal mehr Glukoraphan als Brokkoligemüse (ca. 55 mg in 500 g). Besonders reich an Glukoraphan und Sulforaphan sind auch die Samen besonderer, alter Brokkolisorten. Hier ist noch nicht einmal das Sprossen notwendig, sondern bereits das Zermahlen der Samen setzt Myrosinase frei, die große Mengen an Sulforaphan bildet.

FAZIT

Auch die besten Pflanzenstoffe werden kaum in der Lage sein, allein eine Krebserkrankung zu heilen. Als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes können natürliche Zellregulatoren dagegen ihre beste Wirkung entfalten und insbesondere die Entstehung und Behandlung von Krebserkrankungen positiv beeinflussen. Als besonders wir-kungsvoll haben sich dabei Granatapfel-Polyphenole, Curcumin aus der Gelbwurz und Sulforaphan aus Brokkoli erwiesen. Sinnvoll und unterstützend wirken immer auch eine fettarme pflanzliche Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Entspannung und Schlaf, wie zahlreiche neue Studien zum Lebensstil zeigen.

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