Klinische Studien zeigen: Granatapfel-Polyphenole helfen bei der häufigsten Krebserkrankung bei Männern

Granatäpfel werden seit Tausenden von Jahren in Indien und im Orient medizinisch verwendet. Auch in Europa wird der Granatapfel als gesunder Snack sowie als echtes Gesundheitsprodukt immer beliebter. Etwa 3.000 wissenschaftliche Publikationen zeigen auf, dass die Schutzstoffe des Granatapfels gegen oxidativen Stress, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Demenz, überschießende Entzündungsreaktionen und gegen Prostatakrebs wirksam sind.

Dass die in Obst und Gemüse enthaltenen natürlichen Pflanzenstoffe vor Krebs schützen, ist bereits länger bekannt. Der Granatapfel gilt dabei als der Kandidat mit der besten Studienevidenz, da er sich nicht nur präklinisch, sondern auch in mehreren klinischen Studien mit Prostatakrebspatienten gut bewährt hat.

Prostatakrebs ist mit 25 % aller auftretenden Tumoren die häufigste Krebsart bei Männern in Deutschland – vor Darm- und Lungenkrebs. Andere vorklinische Studien weisen dem Granatapfel ebenfalls günstige Wirkungen gegen Darm-, Lungen- und Brustkrebs sowie Leukämie nach (Kawaii und Lansky, 2004; Khan et al., 2007; Kim et al., 2002; Núñez-Sánchez et al., 2016).

Mehrere klinische Studien bestätigen die erhebliche Wirkung auf den PSA-Wert

In einer Studie mit 48 Patienten mit Prostatakrebs verlängerte Granatapfelsaft die Zeit bis zur Verdoppelung des PSA-Spiegels (PSA = Prostataspezifisches Antigen) um 39 Monate (Pantuck et al., 2006). Die PSA-Verdopplungszeit ist der wichtigste Marker für den Krankheitsverlauf. Langsameres Wachstum bedeutet bessere Aussichten und in der Regel eine längere Lebenserwartung.

Alle Patienten in dieser Studie hatten noch keine Hormontherapie erhalten und wiesen trotz vorheriger Operation oder Bestrahlung wieder erhöhte PSA-Werte auf, was auf ein Fortschreiten der Krankheit hinweist. Während im Vorfeld der Studie die durchschnittliche PSA-Verdoppelungszeit der Patienten bei 15 Monaten lag, verlängerte in der Studie der tägliche Konsum von 240 ml Granatapfelsaft (aus Konzentrat, 570 mg Polyphenole pro Portion) die Spanne auf 54 Monate, berichtete im Juli 2006 das Team um Allan Pantuck von der University of California in Los Angeles im Journal „Clinical Cancer Research“. Dies sei zwar keine Heilung, der Saft habe aber offenbar großen Einfluss auf das Tumorwachstum, betont der Studienleiter Pantuck. Keiner der Studienteilnehmer entwickelte während der langen Studiendauer von 33 Monaten Metastasen. Das Serum der Patienten, das im Labor auf Prostatakrebszellen aufgetragen wurde, reduzierte die Zellproliferation um 12 % und erhöhte die Apoptose (ein in diesem Fall gewollter, programmierter Zelltod) um 17 %.

Das Getränk schlug bei über 80 Prozent der Studien-Teilnehmer an. Eine Maskierung des PSA-Werts, was bedeutet, dass die Granatapfel-Inhaltsstoffe das prostataspezifische Antigen neutralisieren, ist unwahrscheinlich: Granatapfelsaft hatte bei gesunden Männern ohne Prostatakrebs keinen Einfluss auf die PSA-Werte. Besonders erfreulich: In der insgesamt sechsjährigen Langzeit-Beobachtungsphase (Pantuck et al., 2009) stieg die PSA-Verdopplungszeit sogar von 15 Monaten auf 60 Monate. Der mittlere PSA-Anstieg sank um 60 %. Damit lagen die Werte deutlich günstiger als bei Männern, die zwischenzeitlich aus der Studie ausgeschieden waren. Die Ergebnisse legen nahe, dass Granatapfelsaft das Fortschreiten eines erfolglos behandelten Prostatakarzinoms effektiv verzögern kann, so das Resümee von Dr. Christopher Amling, Sprecher der Jahrestagung der American Urological Association.

Eine Doppelblindstudie der John-Hopkins-Universität konnte die Wirksamkeit von Granatapfel-Polyphenolen bei Prostatakrebs erneut belegen (Paller et al., 2013). Nach Versagen der Primärbehandlung nahmen 104 Studienteilnehmer 6 Monate lang täglich Granatapfelextrakt ein. Die mittlere PSA-Verdopplungszeit erhöhte sich von 11,9 auf 18,5 Monate. Bei 43 % der Studienteilnehmer konnte diese Zeitspanne im Vergleich zum Ausgangswert zu Beginn der Studie verdoppelt werden, bei 13 % wurden fallende PSA-Werte festgestellt. Nebenwirkungen traten keine auf. Die tägliche Dosis von 600 mg Granatapfel-Polyphenolen (als Gallussäure-Äquivalent) erwies sich als ebenso wirksam wie die dreifache Dosis.

In einer weiteren doppelblinden, randomisierten Studie von Thomas et al. (2013) wurde 203 Prostatakrebspatienten über sechs Monate entweder ein polyphenolreiches Nahrungsergänzungsmittel mit einer Mischung von Extrakten aus Granatapfel, grünem Tee, Brokkoli und Kurkuma oder ein Placebo verabreicht. Grüner Tee, Brokkoli und Kurkuma gelten ebenso wie der Granatapfel als wirkungsvolle, natürliche Antikrebsmittel. 59 % der Studienteilnehmer befanden sich zum Zeitpunkt der Studie unter “aktiver Überwachung” (active surveillance), 41 % hatten bereits nach einer erfolglosen Primärtherapie erneut erhöhte PSA-Werte zu verzeichnen (watchful waiting). Während sich der PSA-Wert in der Polyphenol-Gruppe nach sechs Monaten im Mittel um nur 14,7 % erhöhte, waren es in der Placebo-Gruppe 78,5 %. Am Ende der Studie hatten 61 Teilnehmer (46 %) in der Nahrungsergänzungsgruppe stabile oder sogar sinkende PSA-Werte im Vergleich zu nur 9 Patienten (14 %) in der Placebogruppe. Nach Beendigung der Studie konnten in der Gruppe mit dem Nahrungsergänzungsmittel 114 Studien­teilnehmer (92,6 %) das bisherige neben­wirkungs­freie Verfahren (active survaillance oder watchful waiting) fort­führen, während dies nur auf 38 Teilnehmer (74 %) der Placebo-Gruppe zutraf. Es kam zudem zu keinen Nebenwirkungen aufgrund der Supplementierung.

Neue Studien zeigen vielversprechende Forschungsergebnisse

Der Granatapfel enthält vor allem große Mengen an Schutzstoffen, die sogenannten Polyphenole, die ihm sein einzigartiges, etwas herbes Aroma verleihen. Dazu zählen Phenolcarbonsäuren (Ellagsäure, Gallussäure, Kaffeesäure, Chlorogensäure), Ellagitannine (darunter das Granatapfel-Hauptpolyphenol Punicalagin) und Flavonoide (wie Catechin, Quercetin, Rutin, Kaempferol, Luteolin sowie sechs Anthocyane).

In der Frucht sowie im Saft liegen die Polyphenole überwiegend an Zuckermoleküle gebunden vor. Um resorbiert zu werden und ihre Wirkung zu entfalten, müssen diese Zuckerbindungen gespalten und die großen Moleküle zu kleineren abgebaut werden. Die mengenmäßig im Granatapfel besonders wichtigen Ellagitannine müssen erst enzymatisch zerlegt werden. Hierbei kommt es vor allem auf Fermentationsprozesse durch die Dickdarmflora an (Cerdá et al., 2004). Dabei entstehen auch sogenannte Urolithine, eine Gruppe natürlicher Phenole.

Bei erwähnten klinischen Studien mit Granatapfelsaft und -Extrakt fällt auf, dass ein Teil der Teilnehmer besonders gut ansprach. Auch dies spricht für die entscheidende Rolle der Fermentation der Granatapfel-Polyphenole durch die individuelle Darmflora.

Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass Urolithine die gesundheitlichen Vorteile des Verzehrs von ellagitanninreichen Quellen (Granatäpfel, Walnüsse, Erdbeeren usw.) erklären. In einer Veröffentlichung aus 2022 in der Zeitschrift „Molecular Nutrition and Food Research“ beschreiben die Autoren García‐Villalba et al. bemerkenswerte Fortschritte bei der Erforschung der Sicherheit, der Bioaktivität, einschließlich der ersten Interventionen am Menschen und der damit verbundenen Mechanismen von Urolithin A, einem Haupt-Urolithin.

Besonders Urolithin A fördert die Umwandlung von tumorbekämpfenden T-Zellen zu T-Gedächtnisstammzellen, die aufgrund ihrer Teilungsfähigkeit das Immunsystem mit T-Zellen versorgen (Denk et al., 2022). Die Autorengruppe der Goethe-Universität Frankfurt und dem LOEWE-Zentrum Frankfurt Cancer Institute konnte zeigen, dass Urolithin A in T-Zellen die sogenannte Mitophagie auslöst, also einen Abbau der Mitochondrien. Dabei werden alternde und beschädigte Mitochondrien entfernt und durch neue, funktionsfähige Mitochondrien ersetzt. Dies scheint das genetische Programm von T-Zellen zu verändern und ihre Fähigkeit, Tumore zu bekämpfen, zu verbessern.

Die Qualität und das Tumorstadium entscheiden über die Wirkung

Granatapfelsaft ist nicht gleich Granatapfelsaft. Zwei Probleme bei Granatapfelsäften sind Verfälschungen und der zu geringe Anteil an gesunden Polyphenolen. Ein großer Teil der Getränke, die angeblich zu 100 % aus Granatapfelsaft bestehen, enthalten Zusatz von Zucker, Farbstoffen und anderen minderwertigen Fruchtsäften. Das spart Produktionskosten und ist alles andere als gesund. Auch bei echten Granatapfel­säften sind die Polyphenolkonzentrationen aufgrund der Herstellungs­verfahren und auch der ausgewählten Rohstoffe sehr unterschiedlich. Eine Studie zeigt auch, dass Biosäfte in puncto Polyphenole nicht besser abschneiden als konventionelle Säfte – ganz im Gegenteil (Cano-Lamadrid et al., 2016).

Eine Doppelblind-Studie aus der Schweiz (Stenner-Liewen et al., 2013) konnte zeigen, welche Bedeutung der Polyphenolgehalt von Granatapfelsaft und das Tumorstadium für die Studienergebnisse haben.

In dieser Studie wurde ein Mischgetränk aus 27,5 % Granatapfelsaft, anderen Fruchtsäften, Agavendicksaft und Weißteeauszug verwendet. Dass es sich nicht um reinen Granatapfelsaft handelte, wird erst bei genauem Lesen der Studie klar. In der Zusammenfassung und im Text der Studie wird das Getränk fälschlicherweise als Granatapfelsaft bezeichnet und nicht korrekterweise als Granatapfelsaft-haltiges Getränk. 4 Wochen lang wurden täglich 500 ml des Mischgetränks verabreicht. Dies entspricht 138 ml Granatapfelsaft mit insgesamt 50 mg Punicalagin und insgesamt 50 g Zucker. In Anbetracht der geringen Wirkstoffmenge, des hohen Zuckergehalts und des kurzen Zeitraums ist es erstaunlich, dass dennoch drei Patienten in der Versuchsgruppe einen PSA-Abfall von über 30 % erfuhren, während dies in der Placebo-Gruppe nur bei einem Patienten der Fall war. In der zweiten Hälfte des Studienverlaufes (weitere 4 Wochen) wurde überraschenderweise die Dosis um die Hälfte reduziert, was einem Granatapfel-Polyphenolgehalt entspricht, von dem man nach aktuellem wissenschaftlichem Stand keinerlei Wirkung mehr erwartet werden kann. Die in der schweizerischen Studie verwendeten Dosierungen sind nicht mit den Studien von Pantuck et al. (2006, 2009) und Paller et al. (2013) vergleichbar.

Besonders wichtig: In der Schweizer Studie wurden 94 Patienten mit fortgeschrittenen Prostatakrebs behandelt, davon hatten 68 % sogar ein hormonrefraktären Prostatakrebs, der auf die klassische Behandlung gar nicht mehr anspricht. Diese Art von Prostatakrebs gilt als tödlich und wird nur noch palliativ behandelt. Von einem Getränk hier eine deutliche Wirkung zu erwarten, ist von vornherein eigentlich ausgeschlossen.

Dennoch zeigte sich in präklinischen Studien auch bei fortgeschrittenem Prostatakrebs tumorhemmende Effekte. Diese sind bei der Schwere und Aggressivität der Erkrankung sicherlich begrenzt, möglicherweise wird der Verlauf jedoch verlangsamt. Besonders wirkungsvoll scheinen im Kampf gegen Krebs fermentierte Granatapfel-Polyphenole zu sein.

Durch eine Vorfermentation von Granatapfel-Produkten kann die Bioverfügbarkeit gesteigert werden. Verschiedene Studienergebnisse zeigen, dass die Fermentation und die Trocknungsweise des Extraktes (Gefriertrocknung) die Wirkung im Organismus verbessern. Fermentierter und nicht-fermentierter Granatapfelsaft sowie fermentierte Schalenpolyphenole zeigen eine deutliche Hemmung der Tumorproliferation und -invasion bei hormonsensitiven und hormonrefraktären Prostatakarzinomzellen (Albrecht et al., 2004; Lansky et al., 2005a und b). Die Wirkung der fermentierten Polyphenole war hierbei am höchsten. Sie konnten die Krebsausbreitung um bis zu 90 % verringern und auch in vivo signifikant das Wachstum von hormonrefraktären PC-3-Prostatakarzinomzellen hemmen (Albrecht et al., 2004).

Prostatakrebszellen brauchen für ihr Wachstum Androgene. Bei Prostatakrebs wird die Wirkung der Androgene daher häufig durch bestimmte Medikamente (Anti-Androgene) unterdrückt. Diese Methode hat nur einen zeitlich begrenzten Erfolg, denn die Prostatakrebszellen reagieren selbst mit vermehrter Eigensynthese von Androgenen und/oder mit überexprimierten, mutierten Androgenrezeptoren auf solche Behandlungen. Damit wird der Prostatakrebs hormonrefraktär und spricht nicht mehr auf die Hormonentzugstherapie an. Dies stellt ein sehr großes therapeutisches Problem dar: Der hormonrefraktäre Prostatakrebs gilt als unheilbar. Daher darf man von keinem Pflanzenstoff in diesem Krebsstadium Wunder erwarten (siehe oben).

Wissenschaftler der Universität von Wisconsin berichteten bereits im Jahr 2005, dass ein gefriergetrocknetes Granatapfelsaftextrakt wirkungsvoll das Wachstum von hormonrefraktären Prostata-Krebszellen (PC3-Zellen) hemmt. Bei androgenabhängigen Krebszellen wurde sowohl die Expression des Androgenrezeptors als auch die PSA-Produktion um 90 % gedrosselt. Das ist insbesondere deshalb interessant, da der Androgenrezeptor im hormonrefraktären Stadium häufig überexprimiert ist (Malik et al., 2005). Granatapfel-Polyphenole verringern zudem die Bildung von Androgensynthese-Enzymen in hormonrefraktären Krebszellen (Hong et al., 2008). Granatapfelsaft-Polyphenole können wahrscheinlich auch durch spezifische antientzündliche Mechanismen (Aktivierungshemmung von NF-kappaB) die Wirksamkeit von Chemo- und Strahlentherapie erhöhen.

Bei der Lebendfermentation von Granatäpfeln wirken speziell ausgewählte probiotische Mikroorganismen mit ihrem natürlichen Enzymspektrum auf die Granatapfel-Polyphenole ein und setzen diese frei. Auf diese Weise wird der natürliche Prozess im Dickdarm außerhalb des Körpers nachgeahmt und die Granatapfel-Polyphenole quasi vorverdaut. Besondere Gerbstoffe, vor allem die Punicalagine als Hauptpolyphenole im Granatapfel, verleihen ihm einem guten Granatapfelsaft/konzentrat seinen typischen adstringierenden, fruchtig-herben Geschmack als wichtiges Erkennungskennzeichen.

Die in präklinischen Studien häufig eingesetzten Saftextrakte sind ebenfalls empfehlenswert. Die dort verwendeten, echten Saftextrakte werden im Gegensatz zu den Schalenextrakten durch Gefriertrocknung hergestellt. Empfehlenswert sind 600 mg Granatapfel-Polyphenole (gemessen als Gallussäure-Äquivalent nach Folin-Methode) am Tag, wobei fermentierte Polyphenole eine höhere Bioaktivität aufweisen.

Was ist die Konsequenz für die praktische Anwendung?

Eine abschließende Beurteilung der Studienlage ist in der Wissenschaft quasi nie möglich, auch in diesem Fall nicht. Die Ergebnisse sind jedoch vielversprechend, Nebenwirkungen traten in Studien zudem keine auf. Besonders Männer, die keine kurative Behandlung wünschen, sondern lieber beobachtend abwarten (active surveillance), können durch eine solche Maßnahme in Verbindung mit einer gesunden Lebensweise aktiv Verantwortung für den Verlauf ihrer Erkrankung übernehmen. In Abhängigkeit von der individuellen Tumorbiologie dürfte eine zum Teil deutliche Verlangsamung der Krebsprogression und positive Nebenwirkungen auf Herz und Gefäße zu erwarten sein, was bei einem Alterskarzinom einen Zugewinn von entscheidenden Lebensjahren bedeuten kann.

Literatur

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